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Google Jobs - die Gewinner und die Verlierer

von Christian Städtler, am 16.06.2017 09:20:00

Interview mit mobileJob.com-Geschäftsführer Steffen Manes zum Einstieg von Google in den Jobmarkt.

Frage: Steffen – man hat den Eindruck als hielte die Recruiting-Welt derzeit den Atem an. Der Grund dafür: Google steigt in den Jobmarkt ein. Was ist passiert?

Steffen Manes: Es gab schon seit längerem Gerüchte,wonach Google den Job-Bereich als so attraktiv einschätzen könnte, dass hierein eigenes Angebot entwickelt würde. Das ist nun geschehen. Auf seiner letztenEntwicklerkonferenz verkündete der Konzern mit „Google for Jobs“ in die Jobsuche einzusteigen. Dahinter steckt unter anderem eine Suchfunktion nach offenen Stellen. Das Prinzip ist vergleichbar mit ähnlichen Suchoptionen, die es bereits für Flüge, Shopping, Bücher, Bilder oder News auf Google gibt. Zunächst wird es in den USA ausgerollt. Da der europäische Markt und speziell der deutsche sehr lukrativ sind, werden diese Märkte bald folgen.

Die Absicht Googles ist klar: Es ist Googles Selbstverständnis, dass alle Suchen im Netz bei Google ausgeführt werden - egal, was der User im Internet sucht. Das gilt auch und gerade für die lukrative und für die Kandidaten hochemotionale Suche nach Jobs. Wir erleben also gerade die konsequente Umsetzung dessen, was Google-Strategie ist. Jedes Online-Unternehmen im Classifieds-Umfeld, das Traffic über Suchen im Internet generiert, ist demnach ein potentieller Wettbewerber.

 

Frage: Welche Marktteilnehmer fürchten sich denn aus Deiner Sicht am meisten?

Steffen Manes: In erster Linie dürfte die Ankündigung Googles in den Chefetagen der klassischen Jobseiten und Jobbörsen für erhebliche Unruhe gesorgt haben, die ja vor allem Kandidaten ansprechen, die aktiv auf Jobsuche sind. Deren Geschäftsmodell ist fundamental von der Reichweite, die sie über Google generieren, abhängig.  

Googles Ziel ist ein besseres Matching zwischen Jobs und Bewerbern. Das wird in erster Linie über Artificial Intelligence und „Machine Learning“ hergestellt. Wenn jemand dafür die Voraussetzungen besitzt, dann Google. Das heißt: Bewerber werden zukünftig auf Google passgenau die Stellen angezeigt bekommen, die sie suchen. Das Matching zwischen Jobsuche und Jobanzeige wird perfektioniert. Da arbeiten klassische Jobbörsen schon lange dran, haben aber es aber versäumt hier zu einem echten Durchbruch zu kommen und so den Anschluss im Markt ein bisschen verpasst.

Wenn Google das nun richtig anpackt, werden meiner Einschätzung zufolge die klassischen Jobbörsen ihre dominierende Marktstellung verlieren. Denn mit dem Ansatz, Unternehmen und aktiv suchende Bewerber direkt miteinander zu matchen, greift Google konsequent die ‘Mittelsmänner’ im Recruiting an. Das sind die Stellenportale, die Arbeitgebern ja lediglich eine Plattform bieten, die eigenen Stellenanzeigen zu veröffentlichen, damit aktiv suchende Kandidaten sie sich dort anschauen können.

Die Karten im Online Recruiting Markt werden dadurch neu gemischt. Gewinner sind, neben Google  selbst, vor allem die Unternehmen, die weniger abhängig vom Suchmaschinen-Traffic sind und ihren Fokus insbesondere auf passive Kandidaten legen. Denn in diesem Kandidatenmarkt liegt die entscheidende Nische der Zukunft. Wer erreicht die Kandidaten, die zwar wechselwillig sind, aber keine aktive Suche auslösen? Diese Kandidaten werden immer mehr. Die Zeiten, in denen Kandidaten auf jede Ausschreibung automatisch genügend Bewerbungen erhalten sind längst vorbei. Fragen Sie einmal nach, bei Arbeitgebern, die Pflegekräfte, IT-Spezialisten oder ähnlich gefragte Profile suchen. Die freuen sich über jede einzelne Bewerbung.

 

Frage: Werden sich die klassischen Jobportale aus Deiner Sicht strategisch bewegen?

Steffen Manes: Google war und ist für die führenden Jobbörsen einer der wichtigsten Reichweiten-Lieferanten. Der könnte zukünftig nicht mehr ganz so einfach anzuzapfen sein. Ähnlich ist die Situation für Zeitarbeitsfirmen, die in der Vergangenheit erheblich in SEA-Maßnahmen investiert haben, um zu ihren Kandidaten zu kommen. Genauso wie die Jobbörsen werden sie zukünftig gezwungen werden, sich mit anderen Verticals und Märkten zu beschäftigen.

Wer die HR-Fachpresse aufmerksam liest, erkennt in den Kommentaren der Meinungsführer der Branche: Die Stellenportale, die den Markt lange auch mithilfe von Google-Traffic beherrschten, sind verstärkt auf der Suche nach neuen Lösungen und Positionierungen.

Allerdings: Sie haben nun seit Jahrzehnten in die Vermarktung ihres sehr einfachen Geschäftsmodells investiert. Sie stehen bei ihren Kunden, den Arbeitgebern, für die Stellenanzeige, die eben das aktive Suchverhalten der Kandidaten voraussetzt und auch nur dann funktioniert. Jetzt den Arbeitgebern ganz andere Lösungen und Positionierungen zu “verkaufen” wird aus meiner Sicht nicht funktionieren, weil andere Marktteilnehmer einfach besser darin sind.

 

Frage: Derzeit startet der Google-Vorstoß in den USA in Kooperation mit Jobboards. Wie siehst Du die Zusammenarbeit?

Steffen Manes: Ich glaube, dass sich das in den nächsten Jahren erledigen wird. Das sind nur Partnerschaften auf Zeit. Google ist in diesem Zusammenhang der deutlich stärkere Partner mit allen denkbaren Vorteilen auf der eigenen Seite. Die werden das in absehbarer Zeit alleine stemmen.

 

Frage: Wie siehst Du die Initiative Googles für mobileJob.com? Was bedeutet sie für Euch?

Steffen Manes: Nun wir waren nicht unglücklich als wir von Googles Vorstoß gehört haben. Das ist für uns die beste Chance, uns in einem Bewerbermarkt zu behaupten, der komplett neu gemischt wird. Warum? Wir sind auf den passiven Bewerbermarkt spezialisiert, also auf die Ansprache der Kandidaten, die selbst gar nicht die Jobsuche aktiv auslösen. Alle anderen konzentrieren sich auf die aktiv suchenden Kandidaten – zukünftig eben auch Google. Das geht bei einer Suchmaschine ja auch gar nicht anders, da es zunächst den Jobsuchenden braucht, der seine Jobsuche in das Suchfeld eingibt.

Unser Konzept war und ist nicht auf Google-Traffic aufgebaut. Wir sind extrem gut aufgestellt, wenn es um den passiven Bewerbermarkt geht. Das passt einerseits zu den Rahmenbedingungen des Arbeitsmarktes, in dem die Arbeitgeber die Bewerber ansprechen müssen und sich nicht mehr auf die alte Selektionslogik verlassen können. Und andererseits setzen wir auf Recruiting über soziale Netzwerke, einem Umfeld, dem Google trotz erheblicher Anstrengungen nicht bei kommt und sich daher auch zukünftig wenig darum kümmern wird. Wenn man so will, sind wir das wahrscheinlich stabilste Angebot im außerakademischen Arbeitsmarkt. Wir zeigen täglich, wie man Kandidaten aus ganz verschiedenen Berufsfeldern erfolgreich und komplett mobil rekrutiert. Das ist der Weg der Zukunft. Nicht zuletzt deshalb ist unsere Kundenbasis auf mittlerweile bereits mehr als tausend Arbeitgeber angewachsen, die die Begleitung ihrer Kandidaten während der gesamte Kette des Recruitingprozesses über uns schätzen und es leid sind den überholten Weg über konventionelle Jobbörsen zu gehen. 

Themen:Interview

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